Restauration eines Garrard 301 Motors
 

Obwohl sehr robust und langlebig, sollte man den Motoren der Modelle 301 und 401 nach all den Jahrzehnten einen gründlichen Service angedeihen lassen. Häufig wurde in dieser langen Zeitspanne einfach gar nichts an den Plattenspielern gemacht und die Lager sind entweder völlig trocken oder voll von verharztem Fett.

Leider sind die Lager nicht von außen zugänglich, der Motor muss also ausgebaut und zerlegt werden. Vieles ist bei den Modellen 301 und 401 ähnlich oder gar gleich, weshalb ich hier nur auf die Unterschiede zum 401 eingehe. Dessen Revision ist von Rolf Beyer ganz hervorragend dokumentiert worden, nachzulesen hier im hifi-classic forum.

Hat man den Motor ausgebaut, das Anschlussterminal abgeschraubt und das Motorgehäuse geöffnet, hat man in etwa dieses Bild vor sich. Mein 301 war in halbwegs gutem technischen und weniger gutem optischen Zustand:

Die Wespe am unteren Rand des weißen Brettes ist übrigens beim Öffnen des Motorgehäuses gut mumifiziert herausgefallen.

Der geöffnete und noch nicht gereinigte Motor sieht dann meistens so aus:

Zunächst sollte man nun alles einer gründlichen Reinigung unterziehen. Am einfachsten geht das mit Druckluft, aber auch ein etwas härterer Pinsel mit etwas Spiritus funktioniert ganz gut. Wichtig: immer zuerst trocken abbürsten, erst dann mit wenig (!!) Flüssigkeit den Rest des Schmutzes entfernen.

Den sogenannten Stator kann man einfach aus dem Gehäuse herausziehen. Auch dieser muss nun gründlich gereinigt werden. Dabei bitte unbedingt darauf achten, dass die chromglänzende Achse nicht beschädigt oder zerkratzt wird. Besonders das untere flache Ende darf keinesfalls beschädigt werden, da dieses Teil des unteren Motorlagers ist. Die Achsfläche läuft auf einer Kugel im unteren Lager und ist hauptsächlich dafür verantwortlich, wie ruhig der Motor läuft.

Diese Achsfläche unterziehen wir nun einer ersten Inspektion. Ist diese spiegelblank (und hier ist wirklich spiegelblank gemeint!), ist alles in Ordnung. Meistens sieht die Fläche aber so aus:

Man beachte die Mitte der Fläche, in diese ist die Lagerkugel eingelaufen. Diese Einlaufspuren müssen vollständig entfernt und die Fläche danach poliert werden.

Auch die Achse selbst bekommt eine Spiegelpolitur, und zwar auf der gesamten Fläche der Achse. Ich verwende dafür handelsübliche Metallpolitur aus dem Baumarkt. Wenn die untere Lagerfläche allerdings so aussieht, wie auf dem obigen Bild, hilft keine Politur. Man muss dann die Achsfläche mit feinem Schleifpapier und noch feinerem Nassschleifpapier von allen Laufspuren befreien. Dies geht am besten und schnellsten, indem man den oberen Teil der Achse mit einem Tuch umwickelt und dann vorsichtig mit dem umwickelten Tuch in einen Akkuschrauber einspannt und den Akkuschrauber mit dem Stator und der Achse dann absolut senkrecht leicht auf das Schleifpapier drückt und die Achse rotieren lässt.

Mit der selben Methode führen wir auch die Politur mit der Polierpaste durch. Zunächst spannen wir den oberen Teil der Achse ein und polieren den unteren Teil der Achse und danach umgekehrt.

Nochmals der Hinweis: die gesamte Achse muss spiegelpoliert werden, es dürfen keinerlei Laufspuren oder gar Kratzer auf der Achse sichtbar sein. Hier das Ergebnis mit obiger, vorher beschädigten Achse:

Nur in diesem Zustand ist ein ruhig laufender Motor garantiert. Vibriert der Motor und läuft unsauber, übertragen sich diese Störgeräusche bis auf den Plattenteller und die Schallplatte und führen zu Störgeräuschen im Audiosignal. Zwar sind noch andere Ursachen für einen unruhigen Lauf des Plattenspielers möglich und wahrscheinlich (Tellerlager, Treibrad, Treibradlager), aber ein unruhig laufender Motor ist sogar störend hörbar, ohne das der Tonabnehmer aufliegt.

Kommen wir nun zum unteren Motorlager. Dessen Halteplatte - und hier liegt der Hauptunterschied zum 401er - ist nicht innen im Motorgehäuse vernietet, sonder außen, an der Unterseite:

Auch hier ist zunächst eine gründliche Reinigung angesagt. Festsitzendes Fett und darin gebundener Schmutz lässt sich nach erfolgter Trockeneinigung sehr gut mit einem Lappen und etwas WD-40 Spray beseitigen. Das WD-40 sorgt auch nach der Politur der Achse für das zweite Erfolgserlebnis, denn das Motorgehäuse sieht danach wieder wirklich gut aus. Von Innen sieht das untere Lagergehäuse so aus:

Sehr schön erkennbar ist hier schon das Sinterbronzelager und die Nieten, die es als nächstes zu entfernen gilt, um an das Lager heranzukommen. Hier bitte unbedingt der Versuchung widerstehen, die Nieten einfach mit einem Dorn herauszuschlagen. Dieser Tipp kursiert in den Weiten des Internets, ist aber extrem gefährlich, da das Lagergehäuse aus Aluminium besteht. Wir werden die Nieten herausbohren. Dass dies kein Hexenwerk ist, zeige ich gleich.

Wir brauchen dazu einen Akkuschrauber und einen 3er Metallbohrer aus dem Werkzeugladen. Bitte nicht das 3,95 Euro Paket mit 10 Metallbohrern aus dem Baumarkt, sondern einen Bohrer in ordentlicher Handwerker-Qualität. Mit dem Bohrer setzen wir nun an den Vertiefungen der Nieten an, hier zentriert sich der Bohrer von selbst. Achtung! Mit ganz wenig Druck und langsamer Geschwindigkeit bohren, wir wollen nicht die gesamte Niete herausbohren, sondern vorsichtig nur das gestauchte Ende der Niete, so dass wir diese nach unten herausdrücken können. Die Nieten sind aus weichem Kupfer. Dies braucht vielleicht 1-2 Sekunden langsamen Bohrens! Sind die gestauchten Enden weggebohrt, sieht das so aus:

Die Kupferspäne bitte gründlich entfernen, am besten durch Ausblasen. Nun können die Reste der Nieten recht einfach nach unten herausgedrückt werden, notfalls mit einem Gummihammer und einem Dorn etwas nachhelfen. Bitte keinesfalls Gewalt anwenden, wenn die Nieten nicht relativ leicht herauszudrücken sind, lieber etwas nachbohren:

Nach dem Herausdrücken und -ziehen der Nieten und dem Entfernen des Lagerdeckels wird die Unterseite des Lagers sichtbar, Das Lager besteht aus: dem Lagerdeckel, einer Anpressfeder, einem Filzring, der Sinterbronze-Gleitlager und einer Lagerkugel. Bitte die Reihenfolge für den Zusammenbau gut merken. Nun legen wir alle obigen Bestandteile des Lagers in eine Schale mit Alkohol. Welcher Alkohol ist nicht wichtig, hauptsache er ist in der Lage, altes Fett und Öl zu lösen. Ich habe einfachen Haushaltsspiritus verwendet. Sehr schön kann man auf dem Bild oben sehen, dass mein Lager wohl nie Fett gesehen hat, auch der Filzring macht einen völlig neuen Eindruck. Unterumständen sieht Dein Lager hier völlig anders aus, nämlich völlig verkrustet mit altem Lagerfett, Öl und Schmutz. Alles alte Öl und Fett sowie Schmutz muss abgelöst werden! Dass kann unter Umständen Tage dauern. Notfalls kann man die Teile auch mit Petroleum auskochen und danach mit Alkohol reinigen.

Nun müssen das gerade ausgebaute untere und das obere Sinterbronze-Lager auf der Innenseite, also in den Öffnungen, in denen die Statorachse läuft, ebenfalls poliert werden. Das obere Lager kann dabei eingebaut bleiben. Das ist leider eine etwas mühselige Prozedur. Am besten erledigt man diesen Job mit Q-Tips oder einem mit Watte umwickelten Holzstab und der vorher bereits verwendeten Polierpaste. Wenn beide Lagerinnenseiten glänzend poliert sind, müssen diese solange mit sauberen Q-Tips ausgerieben werden, bis die Watte sauber bleibt. Danach werden beide Lager wieder mit Alkohol gereinigt.

Ist dies erledigt, müssen wir uns darüber Gedanken machen, wie die untere Lagerschale wieder befestigt werden soll. Die Methode, die in der am Anfang erwähnten Anleitung für den 401 Motor verwendet wird, nämlich M3er Gewinde in das untere Lagergehäuse zu schneiden, funktioniert hier nur bedingt. Leider ist im 301 Lagergehäuse nur sehr wenig "Fleisch", wie man auf folgendem Foto sehr gut sieht:

Man kann trotzdem wagen, hier ein 3er Gewinde zu schneiden, aber die Wandung innen wird papierdünn und es ist fraglich, ob die Schraube halten wird. Da einer das Versuchskaninchen sein muss, habe ich es versucht, würde es aber nicht wieder tun. Für besser halte ich die Möglichkeit, M2,5er Schrauben in der richtigen Länge und Muttern zu verwenden. Diese sind online leicht zu bekommen und passen ohne weiteres Bohren in die Nietlöcher. Unbedingt drauf achten, dass die Schraube innen im Gehäuse nicht zu weit heraussteht und der Stator frei drehen kann.

Ist dies geklärt, wird das untere Lager wieder wie zuvor zusammengebaut. Der Filzring wird mit Lageröl getränkt und nachdem das Sinterlager mit Kugel, der Filzring und die Andruckfeder in das Gehäuse eingelegt sind, kommt drauf von der Außenseite ein Packung Lagerfett. Bei der Auswahl des Lagerfetts unbedingt darauf achten, dass dieses hitzestabil ist und für schnell drehende Lager geeignet. Danach den Lagerdeckel aufschrauben.

Sorry für das unscharfe Foto, bei Gelegenheit werde ich ein besseres einstellen.

Ästheten sollten hier übrigens normale Schlitzschrauben statt Inbusschrauben verwenden, die passen optisch einfach besser.

Gleich sind wir fertig. Beide Sinterlager bekommen nun von innen noch Lageröl verpasst, das untere gerne etwas mehr. Auch die Achse des Stators ölen wir leicht ein und bauen dann den Motor zusammen, schrauben das Anschlussterminal aus Bakelit wieder an. Bitte jetzt unbedingt nochmals prüfen, ob sich der Stator sehr leicht dreht. Tut er es nicht, ist etwas faul und der Motor muss nochmals zerlegt werden. Dreht er sich leicht, steht einem Probelauf nichts im Wege.

Vorsichtige Naturen können vor der Inbetriebnahme noch folgendes prüfen: beide Spulenwicklungen müssen einzeln etwa 230 Ohm, bzw. zusammengeschaltet etwa 460 Ohm haben. Falls diese Werte dramatisch abweichen, kann es gut sein, dass die Wicklungen Kontakt zum Gehäuse haben oder die angelöteten Anschlussdrähte an den Spulen unter dem schwarzen Gewebeband gebrochen sind. Ist dies der Fall, darf der Motor keinesfalls in Betrieb genommen werden, er wird sich unweigerlich in Rauch auflösen.